Sterben verboten
Das Thema Sterbehilfe beschäftigt vor allem Menschen, die beruflich oft mit dem Tod konfrontiert werden - wie zum Beispiel Ärzte, Sanitäter, Altenpfleger und Bestatter. Aber es geht uns alle etwas an. Sterbehilfe sollte legalisiert werden. Denn Menschen müssen selbst entscheiden dürfen, wie lange sie im Falle einer Krankheit leben wollen - oder sterben.
Warum ist die Sterbehilfe in Deutschland verboten? Der Begriff Euthanasie, die Beihilfe zum Tod, ist im Deutschen durch unsere Geschichte negativ belastet. Im Zweiten Weltkrieg stand er für die systematische Ermordung von psychisch kranken und behinderten Menschen. Aber darf unsere Vergangenheit auch der Grund dafür sein, dass aktive und passive Sterbehilfen illegal sind?
"Töten gehört nicht in das Handwerkszeug von Ärztinnen und Ärzten", sagt der Ärztekammerpräsident Jörg-Dietrich Hoppe. Nun, damit hat er wohl Recht. Aber es heißt doch auch, dass Ärzte in jedem Fall helfen und heilen sollen? Ist dies nicht die Maxime, nach der jeder gewissenhafte Arzt handelt? An oberster Stelle steht das Wohl des Patienten. Doch ist es dem Arzt unmöglich, den Patienten zu heilen, verbleit dieser in einem Zustand, den der Kranke womöglich als nicht tragbar empfindet. Der Arzt kann nicht mehr heilen. Aber warum darf er dann qua Gesetz nicht helfen? Helfen, indem er den Patienten von seinem unzumutbaren Zustand erlöst?
„Ich finde die Maximalmedizin in den Krankenhäusern erschreckend", sagt der Rettungsassistent Jörg Polkehn. Heutzutage sei man in der Technik so weit, hirntote Menschen dauerhaft künstlich am Leben zu erhalten. "Man versorgt sie nach besten Möglichkeiten, aber im Endeffekt liegen sie 15 Jahre im Koma."
Aber ist ein maschinenabhängiges Leben überhaupt ein Leben? Wenn man nichts mehr machen kann, was ein schönes Leben ausmacht? Definitiv nicht.
Auch für die Angehörigen ist es eine große Belastung, sich vielleicht über Jahre Gedanken über den Zustand eines Nahestehenden zu machen.
Aber das, was am meisten für eine Legalisierung der Sterbehilfe spricht, ist die freie Entscheidungsgewalt eines jeden Menschen. Beispiel: Ein alter Mann sitzt seit Jahren im Rollstuhl. Wegen eines Tumors verliert er zuerst sein Augenlicht, dann die Sprache. Für ihn selbst ist dieses Leben unzumutbar. Er will in Würde sterben. Dieser Wunsch sollte respektiert werden, es ist das einzige, was ihm noch hilft. Stattdessen wird seine Tochter angeklagt, weil sie dem Leiden ihres Vaters ein Ende gemacht hat.
Kaum zu glauben, aber dennoch nachvollziehbar, dass unsere Nachbarländer geradezu ein „Geschäft mit dem Tod“ entwickeln. Dass todkranke Menschen in diese Länder reisen müssen, um zu sterben. In die Niederlanden, in die Schweiz, nach Belgien. Dorthin, wo es legal ist.
Vielleicht ist es für ein fortschrittliches Land wie Deutschland an der Zeit, die Geschichte Vergangenheit sein zu lassen - und tatsächlich über fortschrittliche Gesetze nachzudenken. (12:54 Uhr)